Liebe Gäste der 103. Jahrestagung der DGRM !
POTSDAM – „Nomen est Omen“:
Preußen, Originalität, Tradition, Schlösserlandschaft, Diplomatie, Arkadien, Multikulti
Die mit dem Namen assoziierten Begriffe sind so facettenreich wie diese einzigartige Inselstadt selbst.
Als am 03. Juli 993 der 13-jährige König Otto III. (980-1002) seiner Tante Mathilde, der Äbtissin von Quedlinburg, auf dem Papier Potsdam und Geltow schenkte, obwohl ihm das Gebiet gar nicht gehörte, diente diese Schenkung zumindest der urkundlichen Erwähnung beider Orte. Drei Kreuzzüge später und durch geschickte Erbpolitik wurde Albrecht der Bär (1136-1170) Markgraf von Brandenburg. Knapp 500 Jahre später und nach völliger Zerstörung durch den 30-Jährigen Krieg übernahm Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst (1620-88), jung, weltoffen und ideenreich die Stadt Potsdam und erhob sie zur zweiten Residenz neben Berlin.
Sich des Potenzials der Natur bedienend, bestand von Anfang an die Idee, aus der Insel Potsdam ein Paradies zu erschaffen, quasi eine Synthese von pragmatischem Nutzen und repräsentativer Schönheit.
Preußen
Der Gestaltungswille preußischer Könige prägte die Stadt auf unterschiedlichste Weise.
Zunächst etablierten sie Manufakturen aller Art - Fayenceherstellung, Stoffproduktion und die Rubinglasproduktion seien beispielhaft genannt - und mit der Erlangung der Königswürde 1701 („König in Preußen“) wuchs auch in Potsdam ein selbstbewusstes Bürgertum heran. Ab 1713 erfolgte der Ausbau zur Garnisonstadt, der Potsdams Charakter über Jahrhunderte prägen sollte. Cleverer Weise organisierte der sog. „Soldatenkönig“ die Unterbringung der ca. 3.500 Soldaten in den Häusern der Bürger, die je nach räumlicher Größe und Vermögen zwei bis sechs Soldaten aufzunehmen und gegen eine geringe Entschädigung zu verköstigen hatten. Der Lustgarten wurde zum Exerzier- und Paradeplatz und 1724 erhielt die Stadt ein Militärwaisenhaus, heute Sitz von Ministerien und Umweltverbänden.
Das schönste preußische Erbe jedoch ist die stilvoll durchkomponierte Architektur- und Gartenkunst im gesamten Stadtgebiet, die Sie im Rahmen Ihres Aufenthalts bewundern können.
Originalität
Neben den Schlössern gibt es zahlreiche einzigartige Bauten, wie die künstlichen Ruinen auf dem gleichnamigen Berg, den „Persiusspeicher“ im normannischen Stil und in jedem Winkel steht heut‘ „Schinkel“. Eine Dampfmaschine der Firma Borsig versteckte man in der Moschee an der Havelbucht, Drachen sitzen auf ihrem eigenen Haus, im Paradiesgärtchen stellte man Glasvasen auf das Stibadium, gezeltet wurde indoor im Zeltzimmer des Schlosses Charlottenhof. Imposante Löwen gaben einer berühmten Villa ihren Namen. Originell sind auch die beiden Privatmuseen – „Palazzo Barberini“ und das „Minsk“ von Kunstmäzen Hasso Plattner.
Die Wissenschaft hielt Einzug im futuristischen Einsteinturm und das Gebäude des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e. V. (PIK) erhielt die Form eines „fidget spinner“, zu erkunden auf dem Telegrafenberg im Wissenschaftspark „Albert Einstein“.
Sie ist zwar golden und glänzt, aber verrät dem Besucher „Ceci n'est pas un château.“ (dt.: „Dies ist kein Schloss.“), die Aufschrift am Landtag des Landes Brandenburg (ehemals Stadtschloss).
Einzigartige Sichtachsen in der Landschaft verbinden viele Sehenswürdigkeiten der Stadt miteinander. Potsdam leistet sich neben den vielen hier lebenden (u. a. Bundeskanzler Olaf Scholz) auch einen städtischen „ViP“ (Verkehrsbetrieb Potsdam).
Außerordentlich und besonders
interessant für die Profession des Rechtsmediziners sind kuriose Bestattungen:
So ließ man den ehemaligen Hofangestellten Jakob Paul
Freiherr von Gundling („selbsternannter Diogenes und größter Trunkenbold
Preußens“) 1731 in einem Fass auf dem Bornstedter Friedhof begraben.
Friedrich II. selbst verfügte, bei seinen geliebten Windhunden auf der
Terrasse des Schlosses Sanssouci ruhen zu wollen, ein
Wunsch, der erst 205 Jahre später am 17. August 1991 um Mitternacht in Erfüllung ging.
Das Originellste in Potsdam heute ist ein „Blitzer“ in der Hans-Thoma-Straße. Ein daneben befindliches Schild verrät: „Hier werden Sie gelasert“.
Tradition
Alte und neue Traditionen zu pflegen sieht sich die Stadt verpflichtet. So gilt Potsdam seit Jahren als Wissenschaftsstandort und beheimatet zwei Sternwarten, das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) sowie den Deutschen Wetterdienst und ist attraktiver Standort für Unternehmen wie SAP, Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung, usw..
Mit dem Institut für Jüdische Studien und Religionswissenschaft an der Universität Potsdam, dem Hasso – Plattner – Institut sowie der Health and Medical University wurde die traditionelle Bildungslandschaft der Stadt (Universitäten und Fachhochschulen, Christliche Bildungseinrichtungen) zukunftsorientiert erweitert.
Eine lange Tradition hat Potsdam
als Filmstadt. Die berühmten 1912 gegründeten „Traumfabriken“ in Babelsberg
nutzen bis heute viele Örtlichkeiten der Stadt als Kulisse. Die durch die
großen UFA - und DEFA - Filme berühmt gewordenen Studios werden auch gern von
Hollywood-Produzenten genutzt.
Für Kinder und Cineasten bietet der angeschlossene Filmpark neben
atemberaubenden Stuntshows diverse andere Attraktionen. Hier können Sie Film (Filmhochschule)
und Fernsehen (RBB) erlernen, erleben und als unser Tagungsgast die Hauptrolle ergreifen!
Traditionell ist inzwischen auch, dass der Potsdamer Weihnachtsmarkt alljährlich in blauem Licht erstrahlt. Die Musikfestspiele lassen den Sommer in Potsdam zu einem Klangerlebnis werden. Highlight, vor allem des Wassersports, ist die olympische Kaderschmiede, die in Potsdam ihr Zuhause hat.
Schlösserlandschaft
Wer kennt ihn nicht, den
berühmten Postkartenblick auf das sorglose Schloss „Sans, souci“.
Drei große Parkanlagen und 16 Schlösser und Prunkbauten sorgen für
Weltkulturgenuss hier auf dem Eiland.
Sehr empfehlenswert, sozusagen ein „must have“, ist die „Sanssouci“-App; Geschichte zum Mitnehmen bietet Ihnen die „PotsdamHistory“-App.
Lassen Sie sich überraschen!
Diplomatie
Als vom 17.07.1945 bis 02.08.1945 im Schloss Cecilienhof die berühmte Potsdamer Konferenz tagte, wurde im Potsdamer Abkommen die politische Grundlage für eine demokratische Neuausrichtung Deutschlands festgeschrieben. Waffen schwiegen, die „Kunst der Verhandlung“ saß wieder gemeinsam am Tisch.
Auf der nahegelegenen Glienicker Brücke öffnete sich zwischen 1962 und 1986 mehrfach der „eiserne Vorhang“ für die berühmten Agentenaustausche als Folge diplomatischer Vermittlungen. Den klangvollen Namen „Bridge of Spies“ erhielt sie, als Steven Spielberg seinen gleichnamigen Film mit Hauptdarsteller Tom Hanks am Originalschauplatz drehte.
Stellen Sie doch einfach einmal einen Fuß auf die „Ostseite“ und einen auf die „Westseite“ der Brücke (Metallband auf der Mitte) und erleben Sie so ganz persönlich die Wiedervereinigung.
Arkadien
Sowohl Friedrich der Große als auch Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) träumten von einem Rückzugsort der Schönheit, an dem Sie frei leben mochten. „Arkadien“, die Traumlandschaft der alten Griechen, fand in Potsdam die vielbewunderte preußische Interpretation ihrer selbst. Beide Könige zeichneten Handentwürfe für ihre großartigen Architekten; insbesondere der Italienbegeisterung Friedrich Wilhelms IV. verdankt die Stadt Potsdam ein südländisch anmutendes Flair.
Entdecken Sie bei abendlichen Spaziergängen durch die Stadt: Turmvillen, Potsdamer „Berge“, Seen, Parks. Und Ja! Sie dürfen uns Bewohner*innen um diese phantastische Stadt ein bisschen beneiden.
Multikulti
Weltoffenheit ist eine besondere Tugend der „Preußen“. Als der Große Kurfürst 1685 das „Edikt von Potsdam“ verabschiedete, um die aus Frankreich vertriebenen Hugenotten in der Mark Brandenburg aufzunehmen, eröffnete sich nachfolgend auch für andere Kulturen und Emigranten ein neuer Lebensraum. Es folgten Wiener Jüdische Familien, Holländische Handwerker, Böhmische Weber und Spinner, ein russischer Soldatenchor, italienische Künstler, Schweizer Häuser, Chinoiserien, Japanische Kirschbäume, englischer Tudorstil, amerikanische Schauspieler u. v. m.. Zu den Exulanten der neuesten Zeit zählten Beamte der ehemaligen Rheinprovinzen, sowie indische Restaurantbetreiber usw.. Die Liste entbehrt der Vollständigkeit.
Fakt ist jedoch, dass alle Subjekte und Objekte in der Stadt ihre Spuren hinterließen - in Form der Russische Kolonie, des Französischen Doms, des Stadtteils „Alt Nowawes“ sowie des Schlosses und Parks Babelsberg, um nur einige zu nennen.
Konträre Mentalitäten und Meinungen sorgen jedoch auch immer für Zündstoff in der Stadt. Nach jahrelangem Ringen gelang es am 04. Juli 2024 eine Synagoge für alle jüdischen Gemeinden der Stadt zu eröffnen.
Exakt heute am 22.08.2024, da ich Ihnen „mein“ Potsdam beschreibe, findet die feierliche Eröffnung des wiedererbauten Turmes der Potsdamer Garnisonskirche statt. Ein Anlass, sich kritisch mit dem „Tag von Potsdam“ auseinander zu setzen, so kurz vor den Brandenburger Landtagswahlen.
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Schlusswort
Mögen die berühmten preußischen Tugenden wie Fleiß, Ehrlichkeit, Pünktlichkeit, Toleranz uns allen eine interessante Tagung angedeihen lassen.
In Erfüllung der Tugend „Sparsamkeit“ hat Ihr Tagungspräsident Prof. Dr. med. Knut Albrecht die Gesamtorganisation „pour le Roi de Prusse“, wörtlich: „für den König von Preußen“, d. h. kostenfrei, mit seinen zielstrebigen, pflichtbewussten, verlässlichen Mitarbeitenden übernommen.
Für das Fachgebiet Rechtsmedizin wünsche ich Ihnen auch zukünftig exzellente Erfolge im Dienste der Gerechtigkeit: „Suum cuique“ („Jedem nach seinem Verdienst“)!
Ihre
Anette Müller